Frankfurt, 25.2.2018
Wasser ist Menschenrecht, ohne Wasser gibt es kein Leben, der Mensch kann lange ohne Nahrung überleben aber nur kurze Zeit ohne Wasser. Ohne Wasser gibt es keine Bio-Diversität, keine Entwicklung. Aber wir wissen, dass mehr als eine Milliarde Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser hat, 2,6 Milliarden müssen ohne sanitäre Einrichtungen leben. Täglich sterben 5000 Kinder unter fünf Jahren an Durchfallerkrankungen, die durch unsauberes Wasser verursacht werden. «Die Kriege des 21. Jahrhunderts werden nicht um Öl, sondern um Wasser geführt», sagte der spätere UNO Generalsekretär Boutros Boutros-Ghali im Jahr 1986. Schon damals gehörte der Kampf um Wasser zum Alltag vieler Menschen, und die Klimaerwärmung hat die Wassernot und damit das Konfliktpotential noch verschärft. Vom Mangel betroffen sind vor allem die Ärmsten der Armen. Im Juli 2010 hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen mit der Resolution 64/292 das Recht auf Wasser als Menschenrecht anerkannt. Diese Resolution besagt, dass jeder Mensch ein Recht auf sauberes Trinkwasser und Zugang zu sanitären Anlagen hat.
Es ist auch ein Abwehrkampf gegen Konzerne, die sich seit 1996 verschärft in Stellung gebracht haben:
Die großen Konzerne wie RWE, Veolia, Suez, setzen alles dran, das Wasser als Handelsware durchzusetzen. Da alle Menschen Wasser benötigen, ist der Profit verlockend. Die Konzerne haben sich frühzeitig organisiert und sich die entsprechende Infrastruktur geschaffen, die ihnen den Zugang zum Wasser der Nationalstaaten verschafft. Einige von ihnen, wie z.B. Suez, sind Gründungsmitglieder des Weltwasserrats, der 1996 gegründet wurde. Offiziell wird er als Denkfabrik bezeichnet, Aktivisten nennen ihn „Deckmantel der Wasserlobby“. Unter den über 300 Mitgliedern sind die Vorstände internationaler Unternehmen, Vertreter der Wirtschaft, der Wissenschaft, Ministerien, internationale Finanzeinrichtungen wie die Weltbank, UN-Einrichtungen und lokale Regierungen.
Dieser Weltwasserrat initiiert seit 1997 alle drei Jahre das Weltwasserforum, das einen großen Einfluss auf die weltweite Wasserpolitik hat. Und das wie der Weltwasserrat selbst keine offizielle zwischenstaatliche Einrichtung ist.
Selbst dem EU-Parlament war der Einfluss dieser demokratisch nicht legitimierten Organisation zuviel und es hat 2006 die Regierungen und die Kommission aufgefordert, sich aus dem Weltwasserrat zurück zu ziehen. Allerdings ohne Erfolg.
Auf EU-Ebene gab es 2012 den Vorstoß, Wasser auf die Konzessionsrichtlinie zur Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen zu setzen, der aber von der ersten europäischen Bürgerinitiative right2water mit zwei Millionen Unterschriften abgeschmettert wurde. Durch die Hintertür versucht die Kommission die Privatisierung des Wassers in den in die Krise geratenen Ländern wie Irland, Portugal, Spanien und Griechenland durchzusetzen. Dies geschieht gegen den massiven Widerstand der Bevölkerung. Zumal mittlerweile die Erfahrungen mit der Wasserprivatisierung weltweit auf dem Tisch liegen. In allen Ländern erhöhte sich der Preis und die Wasserversorgung wurde schlechter, weil die Wartung der Rohre für die Konzerne nicht lukrativ ist. In der Regel gibt es, auch bei PPP-Projekten, in den oft auf 30 Jahre begrenzten Verträge eine Gewinnzusicherung. Die sich die Konzerne auszahlen lassen, wenn die Kommune das Wasser wieder in die öffentliche Hand überführen will. Dies setzen sie über Schiedsgerichte durch. Die Entschädigungen für „entgangene Gewinne“ sind gigantisch, in Berlin betrugen sie 1,3 Mrd.
Wer nun aber meint, dass die unübersehbaren negativen Auswirkungen der Privatisierung des Wassers in Städten wie Berlin, Paris, London, aber auch kleinen Städten wie Pacos in Portugal Politiker*Innen dazu brächte, Wasser zu schützen vor der Privatisierung, irrt leider gewaltig. Schon 2015 unternahm im EU-Parlament die EVP (Fraktion der Konservativen und Christdemokraten – CDU, CSU – und orthodox Konservativen) einen erneuten Versuch, das Wasser als Handelsware durch zu setzen und damit die Erfolge der Bürgerinitiative zunichte zu machen.
Auch dieser Vorstoß konnte abgeschmettert werden. Aber er zeigt einmal mehr, wie sehr konservative Politiker den Neoliberalismus verinnerlicht haben oder korrumpierbar sind und wie notwendig es wird, das Wasser zu schützen auch dort, wo es zunächst nicht bedroht zu sein scheint.
Von daher greifen immer mehr Aktivist*innen ein Konzept auf, das Maude Barlow, Trägerin des alternativen Nobelpreises, entwickelt hat und vom Council of Canadians ins Leben gerufen wurde: Kommunen erklären sich zur Blue Community und verpflichten sich damit
Wasser als Menschenrecht anzuerkennen
die Wasserversorgung nicht zu privatisieren
Leitungswasser vor Flaschenwasser zu verwenden.
Ausgehend von den drei Grundsätzen entwickelt die Stadt ein Konzept, das beinhaltet, überall i n der Stadt Trinkwasserbrunnen aufzustellen, Sanitäre Einrichtungen kostenfrei zur Verfügung zu stellen.
Zur Blue Community hat sich in Deutschland zum Beispiel München erklärt: in der Stadt gibt es inzwischen zahlreiche öffentliche Trinkbrunnen und 144 öffentliche Toiletten, die kostenfrei sind. Auch Marburg ist eine Blue Community. Hier werden Projekte entwickelt, in denen an Grundschulkinder Flaschen zum Abfüllen von Leitungswasser verteilt werden sollen. Im Weltladen Marburg können Touristen günstig Flaschen zum Abfüllen von Leitungswasser kaufen.
Und auch Berlin ist inzwischen Blue Community geworden und hat sich verpflichtet, u.a. die Trinkwasserbrunnen in der Stadt zu erhöhen. (Der Antrag, der von den Regierungsfraktionen eingebracht worden war, ist im Internet zu finden.)
Aber auch Einrichtungen können zur Blue Community werden, angefangen vom Weltladen in Marburg, der sich aktiv beteiligt bis hin zum Weltkirchenrat, der sich 2016 zur Blue Community erklärt hat.
Folgen wir ihnen nach, diskutieren die Ziele, die sich mit dem Konzept verbinden und werden dort, wo es möglich ist, auch zur Blue Community!
Imke Meyer