Kurzfassung (von Winfried Wolf und Carl Waßmuth)
Eine Mobilität mit dem Auto im Zentrum ist zerstörerisch und eine Sackgasse. Das gilt auch für die Orientierung auf Elektro-Autos. Diese bestehende Verkehrsorganisation einschließlich der „Elektromobilität“ trägt massiv zu massenhaftem Tod, zu Umweltzerstörung, Abbau von Stadt- und Lebensqualität und zur Klimaerwärmung bei. Nur ein konsequenter Umbau dieser Verkehrsorganisation mit den „3-V-Zielsetzungen“ Verkehr VERMEIDEN, Verkehrswege VERKÜRZEN und verbleibende Verkehre VERLAGERN wird dem Schutz der Umwelt, dem Gebot der Nachhaltigkeit und dem Respekt der Menschenwürde und gerecht. Die 20 Programm-Punkte dieses Verkehrswende-Manifestes sind geeignet, eine solche konsequente Verkehrswende umzusetzen. Sie lauten zusammengefasst wie folgt:
- Ein Tempolimit rettet Leben und bringt Entschleunigung. In Deutschland sollten 120 km/h auf Autobahnen, 80 km/h auf den übrigen Fernstraßen und 30 km/h in Wohngebieten als Maximalgeschwindigkeiten gelten.
- Die Verkehrsmarktordnung muss vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Fuß gehen, Rad fahren, Bahn und ÖPNV müssen begünstigt werden gegenüber Auto, Flugzeug und Hochsee- bzw. Kreuzfahrtschifffahrt.
- Notwendig ist eine systematische Strukturpolitik der kurzen Wege. Schluss mit Entfernungspauschale und Zersiedelung. Bestehende Dorfläden sind zu fördern und tausende neu zu gründen; Bahnhöfen sind zu erhalten und hunderte zu reaktivieren.
- Der Fußgängerverkehr muss neu entdeckt und gefördert werden, auch als Beitrag zur gesteigerten Lebensqualität. Fußverkehr bringt wegen seines geringen Flächenbedarfs unter den individuellen Verkehrsarten die höchste Mengenleistung.
- Fahrradverkehr verdreifachen. Vorbildstädten nacheifern. Radwege, Radfahrstreifen und Schutzstreifen bauen, viele neue Fahrradstraßen ausweisen und die Innenstädte autofrei machen.
- Die Öffentlichen Personennahverkehre stärken und ausbauen, in bisher schlecht versorgten Regionen um 30 bis 50 Prozent. Dutzende neue Straßenbahnsysteme sind zu entwickeln – jeglicher Neubau von U-Bahn ist zu stoppen.
- Der Nahverkehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist nachhaltige Mobilität und damit Gemeingut; er wird von der Allgemeinheit finanziert und steht den Bürgerinnen und Bürger zum Nulltarif zur Verfügung.
- Benötigt wird eine integrierte Bahn in öffentlichem Eigentum, die dem Gemeinwohl verpflichtet ist. Das Rad-Schiene-System bildet dabei eine Einheit. Notwendig ist ein Fernverkehrsgesetz für eine Flächenbahn, wie im Grundgesetz gefordert.
- Wiederaufbau des Schienennetzes in seiner alten Quantität, Qualität und Flexibilität. Das heißt: Ein um gut ein Drittel größeres Schienennetz , mehr als doppelt so viele Weichen und Ausweichgleise wie derzeit und eine Grundsanierung vieler Strecken.
- Eine Eisenbahn als Flächenbahn heißt heute: ein bundesweiter integraler Taktfahrplan. Dabei dürfen unter dem Label „Deutschlandtakt“ nicht neue Höchstgeschwindigkeitsstrecken gebaut und die zerstörerischen Großprojekten fortgesetzt werden. Stopp von Stuttgart 21, in Hamburg -Altona keine Verlagerung nach Diebsteich, in Frankfurt/M. kein Tunnelbahnhof Frankfurt21 light.
- Das Schienennetz muss bis 2035 zu 100 Prozent elektrisch betrieben werden. Beim derzeitigen Tempo dauert eine Elektrifizierung noch 175 Jahren. Baldmöglichste Fahrverbote für Dieselfahrzeuge auch im Schienenverkehr.
- Bei der notwendigen Reform der Bahnpreise muss das allgemeingültige Ticket muss wieder im Zentrum stehen. Die Normalfahrpreise müssen deutlich sinken. BahnCard50 und BahnCard100 müssen so erschwinglich sein, dass sich ihre Zahl mehr als verzehnfacht.
- Der Nachtzugverkehr wird neu aufgenommen und europaweit ausgebaut. Mit einem europaweiten Nachtzugnetz kann ein großer Teil des innereuropäischen Flugverkehrs auf die Schiene verlagert werden.
- Der enorm das Klima schädigende Flugverkehr wird durch Vermeiden, Verteuern und Verlagern auf die Schiene drastisch reduziert: Kerosin besteuern, Flugverkehrsabgabe, Stopp von Subventionen und Sozialdumping bei Airlines und Airports.
- Auch bei der Mobilität im ländlichen Raum muss die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse verwirklicht werden. Das erfordert einen großzügigen Ausbau des öffentlichen Verkehrs in der Fläche bei gleichzeitiger finanzieller Entlastung der Kommunen.
- Der Güterverkehr wird drastisch reduziert . Import und Export von Warengruppen ein- und derselben Art sind zu begrenzen. Flaschenwasser wird verboten. Verbleibende Verkehre sind auf Binnenschiff, Bahn, Cargo-Tram und Cargo-Bike zu verlagern.
- Die bestehende Automobilität ist enorm unsozial. Eine Verkehrswende-Politik heißt auch, die Abhängigkeit vom Auto zu reduzieren und damit die sozialen Kluften erheblich zu verkleinern.
- Die Arbeit der Beschäftigten im Verkehrsbereich muss wertgeschätzt, die Zahl der Arbeitsplätze dort wesentlich erhöht werden. Die krank machende Arbeitsverdichtung ist zu reduzieren, die Tarifbedingungen müssen sichtbar verbessert werden.
- Der Autoverkehr und die Zahl der Autos wird drastisch reduziert. Die verbleibenden Pkws sind kleiner und leichter, die durchschnittliche Geschwindigkeit, die PS-Stärke und die Jahresleistung sind geringer. Womit sich die Emissionen auf einen Bruchteil des aktuellen Niveaus reduzieren.
- Die Fertigung in der Autoindustrie wird auf klimaschonende Produkte umgestellt („Konversion“). Dabei wird die gesamte Autobranche unter demokratische, öffentliche Kontrolle gestellt.
Die Umsetzung des Verkehrswendeprogramms kostet buchstäblich nichts. In diesem Manifest wird vorgerechnet, dass die bestehende Mobilität mit dem Auto im Zentrum wesentlich teurer kommt als eine Verkehrswende. Dieses Programm schafft tatsächlich wesentlich mehr neue Arbeitsplätze – auch in der bisherigen Autobranche - als solche mit der Abkehr vom Auto entfallen. Für die Umsetzung der 20-Manifest-Programmpunkte kann eine deutliche Mehrheit in der Bevölkerung gewonnen werden.